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9.7.2017

Biotop(ographie) des Staatsterrors

Phantastische Tierwesen - und wo sie zu finden sind: natürlich im Thüringer Grünen Band. Hierfür sind naturgemäß die Grünen zuständig, die hauptberuflich zusammen mit der ... na, der Dingsda, nicht sagen, ich hab's gleich ... SPD Mehrheitsbeschaffer für die erste PDS-dominierte Landesregierung spielen dürfen. Die grüne Umweltministerin Anja Siegesmund beabsichtigt auf Geheiß ihres Chefs Bodo Ramelow, das Areal, auf dem sich in der guten, alten Zeit der antifaschistische Schutzzaun samt Zubehör erstreckte, zum Nationalen Naturmonument zu erklären. Dieses soll künftig „Ort der Aufarbeitung unserer Vergangenheit“ sein, die „Attraktivität des ländlichen Raums“ erhöhen, der „touristischen Vermarktung“ dienen und für „Wertschöpfungspotentiale“ sorgen. Mithin eine echte Goldgrube und Multifunktionsfläche - der SED sei Dank, so hatten Volksknast und Erschießungen postum auch ihr Gutes. Was aber hat all dies mit Ökobio zu tun? Kommt schon noch: Die Ministerin hebt nämlich hervor, das Grüne Band solle schwerpunktmäßig dem Artenschutz dienen, denn im Krenzgebiet hat sich im Laufe der Jahre eine besonders vielfältige Fauna entwickelt: Bedrohte Gattungen, deren natürlicher Lebensraum durch die lebensfeindlichen Auswüchse des unmensch- und -tierlichen Kapitalismus (Demokratie, Rechtsstaat, Pluralismus) zunehmend eingeschränkt worden ist, haben sich Zuflucht suchend hier angesiedelt. Wo ehedem Wachtürme, Stacheldraht und Selbstschussanlagen sich harmonisch in die sanft geschwungene Landschaft schmiegten und so das traute Einssein von Natur und Sozialismus verwirklichten, fühlen sie sich heimisch und geborgen und schwelgen kuschelig in süßen Erinnerungen an ihr verlorenes Paradies. Das Grüne Band als Refugium für die Blutrote Bande, bizarre Geschöpfe aus einer längst untergegangenen erdgeschichtlichen Epoche: Schleimschnecken, Würgeschlangen, Schmarotzer, Stinktiere, Giftspinnen, Spitzelmäuse, Rattus Gregorius Notarius, Cooperator inofficialis stasiae, Maulwürfe, Wendehälse, aasige Hyänen, Betonkopf-Dinosaurier, große Tiere und kleine Fische - das gesamte SED-Bestiarium. „Daher übernimmt die Thüringer Landesregierung besondere Verantwortung für den dauerhaften Schutz dieses naturgewordenen Mahnmals deutscher Geschichte“ - und seiner possierlichen Bewohner.

Die multipel umbenannte SED beabsichtigt, ihren neuen ökologischen Anspruch auch in der Parteibezeichnung zum Ausdruck zu bringen, was umso dringender erforderlich ist, als ihr momentaner Tarnname „Die Linke“ schon 10 Jahre alt ist und daher seine Camouflage-Wirkung immer mehr einbüßt. Rechtzeitig vor der Bundestagswahl wird die PDS daher wieder mal neu firmieren: BUDD - Bund für Umwelt und Diktaturschutz Deutschland.

Seit dem abrupten Filmriss am 9. November 1989 befindet sich die arme PDS permanent im falschen Film. So sehr sehnt sie sich danach, endlich wieder einen richtigen Todesstreifen zu drehen, ein neues, düsteres Meisterwerk des Film noir-rouge im Retrostil der SED, voller Zynismus und Brutalität: Leben und sterben lassen.

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