20.12.2018
Deutschland, stehe auf!
Menschen, die er besonders schätzte, weil sie etwas auf dem Kasten hatten und redlich waren, bezeichnete der tragische Held der „neuen Leiden des jungen W.“ als Steher. Ihn selbst ereilte ein jäher Tod beim ersten Probelauf seiner vermeintlich genialen Erfindung. So blieb es ihm versagt, den Untergang das SED-Regimes mitzuerleben. Ganz bestimmt keine Steherin ist Sahra Wagenknecht. Auch ihr und ihresgleichen ist eine mit vielen Vorschusslorbeeren bedachte, vorgeblich perfekte und unkaputtbare, jedenfalls todsichere Jahrhundert-Innovation um die Ohren geflogen. Zum Schluss hatte das Billigprodukt, dessen von vornherein zum Floppen verurteilte Markteinführung sich leider qualvolle 72 Jahre hinzog, nicht mal mehr Schrottwert und wurde von seinen unfreiwilligen Nutzern ohne viel Federlesens auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt: der Kommunismus (in Broilerland kurioserweise „Sozialismus“ geheißen). Wagenknecht, die nicht so doof ist wie die meisten PDSler, weiß, dass sie dereinst sterben wird, ohne jemals wieder zu Diktatur und Planwirtschaft heimgekehrt zu sein. Das treibt sie um, das treibt sie an: die schiere Verzweiflung, der Horror Vacui, das Grauen vor der Leere, worin die traumatisierten Linksradikalen seit dem grandiosen Herbst 1989 ziellos umhertaumeln. Wagenknecht hat um sich den gespenstischen Zug der Walking Dead geschart, der Zombies aus dem endgültig untergehenden Zeitalter des Marxismus. Jetzt wollen die Untoten es noch einmal wissen, in den letzten Zuckungen der Agonie krallen sie sich an ein Strohhälmchen, um ihre modrige Auferstehung zu zelebrieren, und Wagenknecht ist ihre Führerin: „Aufstehen!“
Angeblich sind bereits 100.000 Nekrophile dem betörenden, süßlich-ekligen Duft der Verwesung, den die Aufgestandenen ausdünsten, erlegen und haben irgendwo irgendwas unterschrieben - wahrscheinlich eine Verpflichtungserklärung als IM (idiotische Mitläufer). Wer sind die sahrafistischen Stussprediger? Ein paar Z-Promis der PDS und ihrer beiden Schwesterparteien - und die Oberbürgermeisterin von Flensburg. Boah ey, das ist ja noch geiler als Rainer Langhans im Dschungelcamp. Welch strahlender Glanz in den licht- und lebensfernen, von Hoffnungslosigkeit durchfluteten Katakomben, dem faulig-verrottenden Schattenreich, worin die versprengten linken Spinner ihre kuschelig-paranoide Parallelwelt zusammenstoppeln. Da können die Flensburger stolz sein, dass sie sich zum Gespött der Nation machen lassen müssen.
Hinsichtlich aufstehen haben Wagenknecht et al. dringenden Nachholbedarf: In der Bundestagssitzung am 27.1.2010 anlässlich des Auschwitz-Gedenktags waren sie nach der Rede des israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres beim Schlussapplaus demonstrativ sitzen geblieben¹. Als späte Wiedergutmachung kam es nun am 12. September zum Zwergenaufstehen. Auslöser war ein Abgeordneter namens Martin Schulz. Ich weiß, es ist gemein von mir, Ihnen diesen Namen ohne nähere Erläuterungen einfach so hinzuknallen. Bevor Sie sich das Hirn zermartern: Der Herr Schulz wollte mal Bundeskanzler werden. Ist schon lange her: 2017. Haben Sie nichts von mitgekriegt? Doch: Gerechtigkeit, Schulz-Effekt, NoGroKo, Neinmaika, Neinminister - ja, genau der. Schulz Schnauze ergriff spontan das Wort, um die Parlament-Arier der AfD in die Schranken und „auf den Misthaufen der Geschichte“ zu verweisen. Diese Äußerung wurde vielfach als grenzwertig angesehen. Sehr zu Recht: Statt den von Schweinen und Rindviechern produzierten nährstoffreichen Bioökodünger zu kontaminieren, wäre die Entsorgung auf der Giftmüllkippe angemessener. Wie auch immer, es gab artigen Beifall, danke schön, der Nächste bitte. Doch dann geschah etwas Rätselhaftes: Abgeordnete erhoben sich zur stehenden Ovation. Von der SPD (der Schulz doch nur noch peinlich ist)? Bevor Sie sich das Hirn zermartern: Die SPD ist eine Partei, die es allen Unkenrufen zum Trotz trotz Schulz in den Bundestag schaffte. Nein, von der PDS-Fraktion, deren Vorsteherin die Aufsteherin Wagenknecht ist. Dies dürfte das erste Mal in der Geschichte des Bundestages, wahrscheinlich gar weltweit gewesen sein, dass ein Abgeordneter bei einer anderen Partei mehr Zustimmung auslöst als bei der eigenen.
Warum taten die PDSler das? Erklärungsansätze:
1. Die PDSler sind die Klassenclowns des Bundestages: Schulz hatte gesagt, gegen die AfD müssten sich die Demokraten wehren - und die PDS-Fraktion erhob sich. Toller Witz, ein echter Schenkelklopfer, um die angespannte Atmosphäre etwas aufzulockern.
2. Die PDS spielt sich auf als Speerspitze des Antifaschismus: Auf uns ist Verlass, wenn es gilt, die deutsche demokratische Republik zu verteidigen (und ein bisschen Ranschleimen an die SPD, von der sie im Bund auf Gedeih und Verderb abhängig ist, kann auch nicht schaden).
3. Vielleicht riss es die PDS-Fraktion aber nur deshalb vor Begeisterung von den Sitzen, weil im Bundestag jetzt auch die AfD hockt. Diese zieht nun alle Aufmerksamkeit auf sich, und infolge dessen gelten die PDSler nach 27 bitteren Jahren seit einem Jahr nicht mehr als die ewigen Außenseiter, die Schmuddeligen, die multipel umbenannte SED, die voller Ekel Betrachteten und mit spitzen Fingern angefassten Unberührbaren, sondern gehören jetzt scheinbar so richtig dazu - zu den Guten. Seit einem Jahr könnte die PDS sogar in der Bundesregierung hocken. Wenn nur der ineffektive Schulz nicht gewesen wäre. Und die doofen westdeutschen Wähler (die das zweistellige Ost-Ergebnis auf klägliche 9,2 % verschrumpelten).
Schließlich bequemten sich auch SPD- und Grünen-Abgeordnete, aufzustehen, wodurch macht- und eindrucksvoll Zeugnis abgelegt wurde, dass das Breilibü in den Schicksalsstunden der Nation wie ein Fels in der Brandung zusammensteht - unter Führung seiner marxistisch-leninistischen Partei.
Doch Wagenknechts Stehaufmännchen und -frauchen müssen schon früher aufstehen. Das flenst net!
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(24.2.2019)
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