Der Lotse geht über Bord
02.06.2012
Lieber Ossi, was hat Ihnen die Ost-PDS eigentlich in Aussicht gestellt, falls Sie Ihre Drohung wahr machen und die Macht ergreifen? Eine ruhig gelegene Einraumwohnung in der schönen Stadt Bautzen mit Wohnrecht auf Lebenszeit? Eine unkündbare Dauerstellung als Lagerist? Oder gar den Besuch eines Herrn mit unreiner Haut (sog. Eispickel)? Dabei hätten Sie doch eigentlich den Nerv der Ostkader und der ewiggestrigen ostdeutschen PDS-Wähler genau getroffen: keine Gegenkandidaten, das war Ihre Forderung. Jawoll, es genügt ein starker Mann, Pluralismus ist westlich-dekadenter Firlefanz. All das wiegt jedoch nicht annähernd auf, dass Sie letztlich nur ein westdeutscher Trittbrettfahrer sind. Die PDS aber ist und bleibt ostdeutsches Hoheitsgebiet und wird es daher nicht zulassen, von Ihrem Politkolonialismus okkupiert zu werden. Alles wurde den Ostdeutschen genommen: die 0‰-Grenze, die 100%-Grenze, die billigen Mieten, die teuren Trabis, das überschaubare Fernsehprogramm, das Weltklasse-Schulsystem, das Ampelmännchen, und vor allem war die DDR fast vollständig ausländerfreie Zone - alles futsch! Erst wurde Ostdeutschland treuhänderisch dem westdeutschen Kapital zum Fraße vorgeworfen, und jetzt kommen Sie und wollen auch noch das Letzte und Ureigenste an sich reißen, was den Ostdeutschen geblieben ist: die PDS. Was haben die linkstrivialen Traumgespinste und dauerpubertären Hampeleien der West-PDS mit der Gemütslage und den Bedürfnissen der Ost-PDS und von deren Wählern zu tun? Absolut nichts! Wenn Sie PDS-Vorsitzender würden, könnte genauso gut der CSU-Vorsitzende aus Schleswig-Holstein importiert werden.
Sicherheitshalber haben Sie nun mit staatsmännischem Getöse auf die Kandidatur verzichtet. Ach, hätten Sie das doch auch schon getan, als Sie 1995 Vorsitzender der PDS-Schwesterpartei wurden, gar als Sie 1974 beschlossen, Berufspolitiker zu werden. Aber 1999 hatten Sie dann endlich Ihre wahre Berufung gefunden und verzichteten mit staatsmännischem Getöse auf Ministeramt und Parteivorsitz, 2005 auf die Mitgliedschaft in der Seniorentanzgruppe der SPD, dann auf einen marketinggerechten Namen für die WASG, 2007 auf diese selbst, 2010 auf das Bundestagsmandat. Sie werden als der große Verzichter in die Geschichte eingehen, als der Grövaz schlechthin. In einem Nachruf nennt Ihr Westgenosse Klaus Ernst Sie den besten Wahlkämpfer der PDS. In der Tat, auf die verzichtsvollen jüngsten Ergebnisse in Westdeutschland können Sie mehr als stolz sein: BW 2,8, RP 3,0, SH 2,4, NW 2,6 - das hätten Ihre 99,9-fixierten Ostgenossen niemals hingekriegt. SL 16,1 war allerdings ein Fauxpas, auf den Sie hätten verzichten sollen, aber das ist ja nicht Westdeutschland, sondern Ostfrankreich.
Sie und ihre westdeutschen Gefolgsleute sollten sich endlich eingestehen, was Sie in der PDS nur sind und immer sein werden: Fremdarbeiter.
PS: Das Wochende 02./03.06.2012 war ein schwarzer, pardon: blutroter Tag für Göttingen: Hier fand der xte Parteitag der PDS statt, allerdings von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet, da überstrahlt vom Glanz zweier global ungleich bedeutsamerer Großereignisse: das 60. Dienstjubiläum der Queen und der Welthurentag. Preisfrage: Was wird es in 50 und in 100 Jahren ganz bestimmt nicht mehr geben? a) die Monarchie, b) die Prostitution, c) die PDS.
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(03.06.2012)
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