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7.3.2019

Brexodus

Fair is foul, and foul is fair, wussten schon die Hexen in Macbeth, auf gut deutsch: Wat den einen sin Uhl is, is den annern sin Nachtigall. Die ganze Europäische Union sieht dem Austritt Großbritanniens mit Bedauern und tiefer Sorge entgegen. Die ganze EU? Nein! Überall gibt es Widerstandsnester, die unter wachsendem Leidensdruck ungeduldig den Tag der Befreiung herbeisehnen: sämtliche Wähler von PDS, AfD, La France insoumise, Lega Nord, Partido Comunista Português, Partij voor de Vrijheid, Syriza, Rassemblement National (formerly known as Front National) u. v. a. m., obendrein fast sämtliche Einwohner Ungarns und Polens - sie alle wollen nach Großbritannien rübermachen, Zuflucht finden im Brexil, endlich raus aus der verhassten, weil demokratischen, rechtsstaatlichen, pluralistischen, anti-nationalistischen Europäischen Union. Von EU-Staaten umzingelt, geradezu eingekesselt - wohin hätten sie bislang fliehen können? Die beiden einzigen Länder, die dem aggressiven EU-Imperialismus heroisch getrotzt haben, scheiden leider aus: Die Schweiz nimmt nicht jeden auf (da muss man schon Thomas Mann, Charlie Chaplin und Ephraim Kishon heißen), und Norwegen ist viel zu kalt.

Aber wie kann die Massenflucht vonstatten gehen? Aquarius, Phoenix, Sea Eye 2 usw. beruhen allein auf privater Initiative und werden von den Behörden Europas argwöhnisch beäugt. Deshalb hat die britische Regierung höchstselbst sich der Flüchtlingsfrage als Chefsache angenommen: Für 120 Mio. € hat sie Fähren gebucht, vorgeblich zur Sicherstellung des Warenimports nach dem May-Day. Tatsächlich handelt es sich um eine gigantische Rettungsaktion, um ab 23. März Millionen Schutzsuchende von Europa nach Großbritannien zu verschiffen. Da wird der verantwortungslosen EU mal gezeigt, was eine Harke ist: Festung Europa, Kontingentierung des Flüchtlingsstroms - für Großbritannien kommt das nicht infrage.

Die britische Regierung tut dies allerdings nicht aus lauter Selbstlosigkeit und Menschenliebe, sondern sie wird die Flüchtlinge zu gemeinnütziger Tätigkeit mit Residenzpflicht heranziehen: Als billige Arbeitskräfte sollen sie den Eurotunnel zuschütten. Dann ist ganz Großbritannien endlich von der EU abgeschottet. Ganz Großbritannien? Nein! Am äußersten nordwestlichen Rand gibt es eine offene Flanke, die britische Achillesferse: Nordirland (das nicht mal zu Großbritannien gehört). Dort werden die Flüchtlinge angesiedelt, ein unüberwindliches, ideologisch gefestigtes Bollwerk an der Landgrenze zur EU. Als unterstützende Maßnahme verhängt Großbritannien eine totale See- und Luftblockade, um Irland systematisch auszuhungern. Sobald es sturmreif ist, wird es - by Jingo! - im Handstreich zurückerobert und besetzt: Bre-entry - heim ins Empire. Die Nordiren werden kaltgestellt und in die übrigen verbliebenen Kolonien des englischen Herrenvolkes verfrachtet: Schottland und Wales.

Den Hafen von Calais, aus dem die Flüchtlingsfähren in See stechen werden, will die EU (Jean-Claude Juncker als DJ) rund um die Uhr mit defätistischer Musik beschallen, u. a. „Don't pay the Ferryman“, „No Reason for Treason“, „Ship of Fools“, „Just to keep from Drowning“, „Lonesome Loser“, „Where will you go?“, „No Escape“, „Hopeless“, „The End“, „Get back“ - durchsichtige proeuropäische Feindpropaganda, um die Flüchtlinge mittels Gehirnwäsche und Psychoterror zu demoralisieren, was aber nicht gelingen wird, love's labour's lost!

Da kann niemand mehr behaupten, das Vereinigte Königinreich sei auf dem falschen Dampfer, sondern sein Rückzug ins Mittelalter kommt nun doch zu einem guten Abschluss: All's well that ends well - hart, aber fähr.

Siehe auch:
Brexitus letalis

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(7.3.2019)

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