14.9.2017
Duell der Gigantin
„Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“ Tja, das ist schon ein bisschen grenzwertig, was sich Angela Merkel kurz vor der Wahl geleistet hat: Ihre Teilnahme am TV-Duell am 3. September machte sie gegenüber den 4 Sendern in einer Weise von Bedingungen abhängig, dass dies als Eingriff in die journalistische Eigenständigkeit betrachtet werden könnte, gar Erpressung wird ihr vorgeworfen. Vielleicht gehört das künftig zur Leitkultur: Erpressefreiheit (kleiner Scherz meinerseits). Zugegeben, es ist bestimmt kein Zuckerschlecken, sich mutterseelenallein mit 4 Journalisten gleichzeitig „duellieren“ zu müssen. Deren Überzahl mag auf den ersten Blick als ungerecht erscheinen, doch wer zu den Hauptakteuren auf der politischen Bühne zählt, muss es verkraften, mal durch die Mangel gedreht und auf Herz und Nieren durchleuchtet zu werden. Das ist Berufsrisiko, auch das Politikerleben ist kein Ponyhof. Merkel hatte aber offensichtlich keinen Bock, dem inquisitorischen Quartett auf sich allein gestellt ausgeliefert zu sein. Also schickte sie Regierungssprecher Steffen Seibert aus, der - selbst ehemaliger Fernsehjournalist - eigentlich über etwas Sensibilität und Fingerspitzengefühl verfügen sollte. Verbunden mit der Drohung, anderenfalls die Teilnahme abzusagen, lautete seine ursprüngliche Forderung, Merkel wolle gemeinsam mit CDU-Generalsekretär Peter Tauber als Doppelgespann auftreten. Dies ging den 4 Sendern denn doch zu weit. Schließlich einigten sich die Konfliktparteien auf einen Kompromiss:
Merkel durfte mit einem Praktikanten im Schlepptau anrücken. Es handelte sich um einen eher unscheinbaren Mann namens ... na, aus den Augen, aus dem Sinn, irgend so was wie Schulze oder so ähnlich. Einen gewissen oberflächlichen Eindruck hinterließ lediglich sein schmuddeliger Fusselbart. Ich meine, man sollte sich schon anständig rasieren, wenn einem einmal im Leben die Gelegenheit geboten wird, ins Fernsehen zu kommen. Auffällig war, dass er nicht mehr zu den Jüngsten gehört. Vielleicht ist er ein notorischer Pechvogel, dessen bisheriger Lebenslauf sich nicht sonderlich geradlinig vollzogen hat und der nun im zweiten oder dritten Anlauf versucht, endlich mal beruflich Tritt zu fassen. Dem Vernehmen nach endet sein Praktikumsvertrag am 24. September um 18.00 Uhr. Wahrscheinlich werden wir dann nie wieder etwas von ihm hören.
Der Zweck von Merkels Vorstoß wurde schnell klar: So oft die Journalisten ihr mit unbequemen Fragen auf die Pelle rückten, wich sie aus und wandte sich stattdessen dem Praktikanten zu, um mit ihm politische Grundsatzfragen zu erörtern. Das war für ihn sicherlich sehr lehrreich, weil dem Ausbildungsziel dienend, vielleicht gar prüfungsrelevant, aber letztlich nicht der Zweck der Sendung.
Werden die Wähler es Merkel ankreiden, dass sie sich mit leichter Hand über die Freiheit der Presse hinwegsetzte? Egal, auf jeden Fall wird sie wieder Bundeskanzlerin werden. Wie auch anders, da es keinen Gegenkandidaten gibt. - Deutschland, ewig Merkelland!
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(15.9.2017)
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