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Formel Nullkommanix
23.10.2006
Sehr geehrter Herr Schumacher,
zu Ihrem wohlverdienten Eintritt in den Ruhestand möchte ich mir aufs Herzlichste gratulieren. 15 schier endlose Jahre waren eine lange, harte Prüfung, aber ich habe Sie überstanden, und jetzt Schwamm drüber. Ihre glorreiche Karriere ist seit eh und je von bösen Zungen begleitet worden, die behaupten, Formel 1 sei gar kein Sport. Dazu kann ich nur sagen: Alles Neid und Verleumdung! Ich finde es total sportlich, wenn alle 5 Minuten mit rasender Geschwindigkeit neue Reifen an überdimensionale Spielzeugautos geschraubt werden. (Andererseits gab es vor 40 Jahren bei Spiel ohne Grenzen mit Camillo Felgen(!) schon ganz andere Sachen.) Deshalb gelten Sie als Vorbild für alle Deutschen, aber: Ist während der letzten 15 Jahre die Arbeitsgeschwindigkeit in deutschen Autowerkstätten wirklich signifikant gestiegen?
Warum fand Ihr letzter Auftritt eigentlich in Brasilien statt? Sonst wird Formel 1 doch immer auf dem Nürnbergring in Malaysia veranstaltet. Hatten die Malaysier plötzlich keinen Bock mehr darauf, dass Sie ihr schönes Land mit Bergen abgefahrener Autoreifen verschandeln? Auch nach Ihrer Abschiedsvorstellung bleiben viele Fragen offen, z. B.: Damit sich die Fernsehzuschauer in den Pausen zwischen den Reifenwechsel-Einsätzen weniger langweilen, wird doch immer so eine Autorennbahn eingeblendet. Von wem wird die eigentlich ferngesteuert? Von Kindern aus dem Publikum? Ich will ja nicht meckern, und ich weiß natürlich, dass Entwicklungsländer wie Malaysia sparen müssen, aber so toll ist diese Anlage nun wirklich nicht. Da war ja meine Spielzeug-Autorennbahn vor 40 Jahren schon besser, die hatte nämlich einen Looping. Das müssen Sie doch am besten wissen - Sie fahren doch auch für Carrera. Deshalb sollten Sie den Fernsehzuschauern als Abschiedsgeschenk einen Looping für die Autorennbahn in Malaysia spendieren. Schließlich haben Sie genügend Reifenwechselgeld verdient. Und das können Sie in der Schweiz bestimmt von der Steuer absetzen, sodass Sie vielleicht gar keine mehr zu zahlen brauchen.
Die Öffentlichkeit fragt sich natürlich, was Sie nach Ihren Reifenwechseljahren künftig tun werden. Ich lüfte jetzt das gut gehütete Geheimnis: Dem Vernehmen nach werden Sie Aufsichtsratsvorsitzender der halbstaatlichen malaysischen Autoreifen-Industrie. Na, das haben Sie ja schlau eingefädelt! Und wann lassen Sie Ihre Memoiren schreiben? Vielleicht „Die Reifenprüfung“?
Zwei Fragen müssen Sie mir aber noch beantworten, bevor Sie endgültig aus meinem Dasein verschwinden: Was bedeutet „Formel 1“, und vor allem: Welcher von den vielen Kfz-Mechanikern waren Sie eigentlich?
Mit pneumatischen Grüßen
Dietrich Klabunde
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(01.01.2014)
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