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3.3.2019

GEZ noch?

Rundfunk-Betragsservice
50656 Köln

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Schreiben vom 12.2.2019 haben Sie mir eine Rechnung über Rundfunkgebühren seit Januar 2016 i. H. v. 700,00 € übersandt (Beitragsnr. 707405906). Dies deshalb, weil das Einwohnermeldeamt Ihnen meine Existenz offenbart habe und mit dem „Innehaben“ einer Wohnung die „Rundfunkbeitragspflicht“ beginne. So stehe es in § 7 Abs. 1 Satz 1 RBStV. Dieses ganze umständliche Rundfunkbeitragsstaatsvertrags-Gedöns könnten Sie sich sparen, indem Sie eine Ergänzung von § 1 BGB erwirken: „Die Rechtsfähigkeit und die Rundfunkbeitragspflicht des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.“ So wie sämtliche Neugeborenen eine Steuer-Identifikationsnummer erhalten, sollten Sie ihnen sofort eine Rundfunkbeitragsnummer verpassen. Das fördert auch die frühkindliche Medienkompetenz.

Bereits am 22.12.2009 hatte ich Ihnen mitgeteilt, dass meine bisherige Gebührenpflicht (Teilnehmernr. 317926241) entfallen wird, weil ich ab 1.1.2010 mit meiner weiterhin gebührenpflichtigen Ehefrau Claudia Hudson (Beitragsnr. 378562555) eine gemeinsame Wohnung haben ... pardon: innehaben werde. In meiner maßlosen Naivität dachte ich, nun sei für alle Zukunft alles geregelt. Doch weit gefehlt, die Ruhe währte nicht lange: Mit Schreiben vom 20.3.2012 teilten Sie mir mit, dass Sie mich nicht in Ihrem „Adressbestand“ finden könnten, und baten mich, entweder Rundfunkgeräte anzumelden oder mitzuteilen, dass ich keine Rundfunkgeräte anzumelden habe. Dies ist die Umkehrung fundamentaler rechtsstaatlicher Grundsätze: Es gilt die Schuldvermutung. Nicht der Fordernde muss beweisen, dass seine Forderung berechtigt ist, sondern derjenige, der einer Forderung ausgesetzt wird, muss beweisen, dass er nicht zu zahlen braucht. Nicht die Staatsanwaltschaft muss beweisen, dass der Angeklagte schuldig ist, sondern dieser muss seine Unschuld beweisen. Ich sah selbstverständlich von jeglicher Äußerung ab, woraufhin Sie mir in lockerer Folge 10 weitere Schreiben (darunter 4 Rechnungen) schließlich am 1.8.2014 einen „Gebühren-/Beitragsbescheid“ übersandten, wogegen ich mit Schreiben vom 15.8.2014 Widerspruch erhob.

Die zahlreichen immer gleichen Schreiben ödeten mich zunehmend an, doch dasjenige vom 20.11.2013 riss mich ich abrupt aus meiner Lethargie, ich war wie elektrisiert, mir stockte der Atem: Waren Sie einer feindlichen öbernahme zum Opfer gefallen? Doch nein, kein Grund zur Besorgnis: Sie hatten sich ledig­lich der Bezeichnung „Gebühreneinzugszentrale“ entledigt und nannten sich nun „Beitragsservice“. Das war echt mehr als überfällig: „Gebühren“ „Einzug“ - wie ungeil war das denn? Das klang wie Stadtwerke und Müllabfuhr. „Beitrag“ hingegen wirkt so lockerflocker, so freiwillig und ungezwungen, wie wenn man zu einer coolen Party eine Flasche selbstgemixte Caipirinha mitbringt. „Service“ passt sowieso immer und kommt total voll gut rüber: Sie wollen von Ihren Zwangsschuldnern nicht schnöde Gebühren einziehen, sondern Sie erbringen Dienstleistungen für Ihre Kunden, die sich geborgen und gut aufgehoben fühlen - Wellness pur. Aber trotzdem fehlt da noch etwas, der Klang ist nicht abgerundet, und „Beitragsservice“ hat noch nicht den vollendeten neumodischen Touch. Ich empfehle Ihnen daher, etwas dranzuhängen, was es Ihnen zudem ermöglicht, wieder eine griffige dreibuchstabige Abkürzung zu verwenden: BSM - Beitragsservice-Management.

In meiner maßlosen Naivität dachte ich, durch mein Schreiben vom 15.8.2014 sei nun für alle Zukunft alles geregelt. Doch weit gefehlt, die Ruhe währte nicht lange: Nun hat mit Ihren Schreiben vom 12.11. und 13.12.2018 der ganze Irrsinn von vorn begonnen. Immerhin verschwenden Sie neuerdings nicht mehr so viel Papier wie 2012 bis 2014, sondern bereits Ihr drittes Schreiben vom 12.2.2019 ist eine Rechnung, und als Nächstes würde sicherlich schon der „Gebühren-/Beitragsbescheid“ kommen. Um die Sache kurz abzuhandeln, werde ich nicht erneut darauf warten, sondern ich will diese Farce sofort vom Tisch kriegen.

Bei erster Durchsicht Ihres Schreibens vom 12.2.2019 dachte ich spontan: Bevor Sie skandalöserweise in den Datenbanken der Einwohnermeldeämter herumschnüffeln, als wäre dringendste Gefahr von Ter­rorismus und Hochverrat im Verzuge, sollten Sie zunächst mal Ihre eigene Datenbank befragen. Dann wären Sie auf den bisherigen Schriftwechsel gestoßen, und alles wäre klar gewesen. Aber der ist Ihnen offensichtlich sehr wohl bewusst, wie sich bei genauem Hinsehen aus der Bemerkung schließen lässt, es sei „die Rundfunkbeitragpflicht für die Jahre 2013 bis 2015 grundsätzlich geklärt“ worden. Sie kennen also meine Mitteilungen vom 22.12.2009 und 15.8.2014, dass meine Ehefrau die Gebühren zahlt, und dennoch unterstellen Sie, dass ich aus heiterem Himmel selbst gebührenpflichtig geworden sein könnte, obwohl meine Ehefrau und ich weiterhin mit derselben Anschrift beim Einwohnermeldeamt gemeldet sind. Ich muss leider mal ganz direkt fragen: Sind Sie völlig übergeschnappt? Spekulieren Sie darauf, dass Menschen aus Unwissenheit oder Angst bezahlen, obwohl sie es gar nicht brauchen?

Andererseits, wenn ich es recht bedenke, haben Sie mit Ihrem Misstrauen eigentlich vollkommen recht: Natürlich ist es statistisch höchst unglaubwürdig, dass eine Ehe nach 4 (in Worten: vier!) Jahren unverändert besteht. Die gemeinsame Anschrift ist kein Beweis, sondern deutet im Gegenteil auf vorsätzliche, bandenmäßige Verschleierung hin: Wahrscheinlich werden unzählige Scheinehen allein zu dem Zweck geschlossen und aufrechterhalten, um die Rundfunkgebühren zu hinterziehen. Und das Schwarzseher- und -hörer-Gesindel lügt Ihnen kaltlächelnd und feixend ins Gesicht, immer noch verheiratet zu sein. So kann das nicht weitergehen. Ganz im Sinne Ihres vorrepublikanischen Gebarens sollten Sie eine Tradition aus dem Mittelalter wiederbeleben: die unmittelbare Inaugenscheinnahme und öberprüfung des Vollzugs der Ehe, der Consummatio matrimonii im katholischen Verständnis, durch die kirchliche und weltliche Obrigkeit (für manche ist die Ehe eher Strafvollzug, aber das ist ein anderes Thema). Auch Martin Luther und seine Katharina waren nicht allein, als sie in ihrer Hochzeitsnacht erstmals das Ehebett miteinander teilten: Pfarrer Johannes Bugenhagen und Jurist Justus Jonas wachten mit Argusaugen darüber, dass die frischgebackene Lutherin nicht nur die gemeinsame Wohnung, sondern vor allem ihren Gatten innehatte (bei welcher Gelegenheit ihm der epochale Ausspruch unterlief: „Hier steht er mir, mir wird ganz anders!“). Dieses Verfahren sollten Sie reaktivieren und zu neuer Blüte führen: In regelmäßigem Turnus wohnen Außendienstmitarbeiter der Geschlechtsverkehr-Evaluations-Zentrale (GEZ) der ehelichen Beiwohnung potenzieller Zechpreller bei. Jeder Betrugsversuch wird gnadenlos geahndet: Die arglistige Vortäuschung des Orgasmus gilt als uneidliche Falschaussage gemäß § 153 StGB. Sie können überdies 2 Fliegen mit einer Klappe schlagen und Ihre prekäre Einnahmesituation aufbessern, indem Sie eine Kooperation mit RTLII schließen und daraus eine Doku-Soap machen. Dann würde es sich endlich mal lohnen, den Fernseher einzuschalten. Um absolut sicherzugehen, sollten Sie sich einer Instanz, die Ihnen nachgeordnet ist, als Zuträger bedienen: Gott sieht alles! Was hätte Luther wohl zu Ihren Methoden gesagt? Im Vergleich dazu waren die Machenschaften eines Johannes Tetzel von Humanität, Fingerspitzengefühl und Rücksichtnahme geprägt.

In wenigen Jahren wird es wohl unvermeidlich die nächste Staffel dieser Endlosserie geben: nicht sonderlich unterhaltsam, alles nur Wiederholungen und von mal zu mal langweiliger. Typisch öffentlich-rechtlich.

Mit vorzüglichster Hochachtung

Dietrich Klabunde

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