ich.Will.
12.09.2014
William Shakespeare, dessen 450. Geburtstag in diesem Jahr weltweit gefeiert wird, und ich werden - in aller Bescheidenheit - eines gemeinsam haben: Gab es uns wirklich oder waren wir vielleicht ganz andere oder waren andere wir oder waren wir Fremdlinge in der Welt (wie ihr Vater über Julia sagt) oder wie oder was? Nur Weniges ist über unser beider Lebensläufe verbürgt. Stattdessen umhüllt uns eine Aura überindividuellen, universalen Mysteriums. Die Gattung Mensch, von der böse Zungen behaupten, sie sei nicht die Krone, sondern der Fußpilz der Schöpfung - in Shakespeare und mir, durch die Kraft des Denkens und des Wortes, rechtfertigt sie sich und gebiert am achten Tag der Genesis einen transzendent-realen Mythos, der Unendlichkeit und Ewigkeit trotzend und sich mir ihr vereinend. - Na gut, sollte ein Witz sein.
Andererseits unterscheiden wir uns in zwei nicht ganz unmaßgeblichen Dingen: a) Ich wurde nicht mit 18 von einer 8 Jahre älteren Frau verführt, was prompt die erste mehrerer Fortpflanzungen zur Folge hatte, und geheiratet. b) Als alter Sack von 52 war Shakespeare längst eine Berühmtheit im gesamten Globe und hatte bestimmt schon etliche Privataudienzen bei der Königin überstanden. Allerdings war er in diesem Alter bereits tot. Ich hingegen - lebendigen Leibes gar 57 - warte bis heute vergeblich darauf, entdeckt zu werden, und Angela Merkel war bislang noch kein einziges Mal die Ehre vergönnt.
Es ist wirklich jammerschade, dass Shakespeare keine subtile, hoch entwickelte, klangvolle Sprache zur Verfügung stand. George Tabori brachte es kurzerhand auf den Punkt: „Liebe“ ist viel schöner als „Love“. Shakespeare muss sich dessen bewusst gewesen sein, weshalb er diesen Mangel auszugleichen versuchte, indem er die meisten seiner Stücke nicht in Britannien, sondern im kontinentalen Ausland ansiedelte. Lediglich Tyrannen und Kriegstreiber befand er im eigenen Land literarischer Verwertung für würdig. Zwar spielt keines seiner Stücke in Deutschland, dennoch gehört er hier seit eh und je zu den meistinszenierten Autoren, und das Land der Dichter und Denker ist Weltmeister darin, der Sprache Schäkespears (wie sein Fan Goethe ihn schrieb) tagtäglich die Reverenz zu erweisen: „To do or not to do“, müssen viele angesichts ihres überquellenden Outlook-Kalenders entscheiden und begnügen sich - zögerlich wie Hamlet - damit, erst mal abzuwarten und Coffee zu trinken. Doch um die Frage aller Fragen kommen sie nicht herum: „To go or not to go, that is the question.“
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(12.09.2014)
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