26.4.2020
Bezahl, Kumpel!
Ich könnte mich beömmeln (wie es in Westfalen, meinem Geburtsland, so schön heißt), man begegnet sich immer dreimal im Leben: Am 22. April erhielt ich ein Schreiben vom 20. April der „infoscore Forderungsmanagement GmbH“ in Verl (Westfalen). Bereits die semantisch völlig sinnlose, dummdeutsch-provinzielle Pseudoenglisch-Bezeichnung ist einfach hinreißend. Das Schönste aber: Ich kenne diese Inkasso-Klitsche (die sicherlich weiterhin mit einer Rechtsanwalts-Klitsche unter einer Decke steckt1), Teil einer schmierigen, zwielichtigen, moralisch verkommenen Hinterhofbranche, die sich an der Unkenntnis und vor allem der Angst anderer Menschen bereichert; die nicht nur kalte Verachtung, sondern gleichermaßen mitleidiges Lächeln hervorruft, da sie neben aller Perfidie auch bedauernswert strohdumm ist. Im Jahr 2010 wollte dieser Laden (damals nannte er sich „BFS risk & collection GmbH“, auch nicht schlecht) sich vergeblich eine unberechtigte Forderung der 1&1 Internet AG erschleichen. Nur ein Jahr später startete er einen erneuten Plünderungsversuch, diesmal eine unberechtigte Forderung der Kabel Deutschland GmbH. Auch dieses Ansinnen endete zwangsläufig in einer Totalschlappe.
Das jetzige Wiedersehen ist Folge eines Missgeschicks: Anfang Februar waren die Netzteile meines PCs und Bildschirms unbrauchbar geworden. Per Email fragte ich die J. GmbH, einen zuverlässigen, seriösen Versandhandel für EDV-Zubehör, bei der ich schon einmal bestellt hatte, ob sie für meine Geräte passende Netzteile im Sortiment habe. Die prompte Antwort: Leider nein. Zuvorkommenderweise sandte man mir aber Verknüpfungen zu zwei anderen Händler-Webseiten, die solche Netzteile anboten: www.netzteiledirekt.de, www.netzteiledirekt.com. In der naiven Annahme, dieser Hinweis beruhe auf brancheninterner Kenntnis und sei somit eine vertrauenswürdige Empfehlung der J. GmbH, sah ich davon ab, mir die beiden Webseiten näher anzusehen. Das war natürlich ein Fehler: Der Umstand, dass dort keine - zumindest leitenden - Mitarbeiter und keine Telefonnummern genannt sind und das Impressum keines ist, bedeutet im Klartext: Vorsicht, dubiose Klitsche, Finger weg! Stattdessen bestellte ich am 7. Februar guten Glaubens die beiden Netzteile zum Preis von 17,54 € und 27,99 €, insgesamt 45,53 €, Zahlungsweg: Paypal. Am 11. Februar wurde der Betrag von meinem Girokonto abgebucht. Die Ware kam hingegen nicht. Meine Frage per Kontaktformular, wann mit der Lieferung zu rechnen sei, blieb selbstverständlich unbeantwortet. Am 20. Februar, 13 Tage nach der Bestellung, teilte ich netzteiledirekt.xyz per Email mit, dass ich die Bestellungen widerrufe. Nun musste ich mein Geld wiederbekommen. Die Paypal GmbH bietet generöserweise die Möglichkeit, einen „Antrag auf Käuferschutz“ zu stellen (www.paypal.com/de/smarthelp/article/wie-stelle-ich-einen-antrag-auf-käuferschutz-faq822). Wirklich rührend: Ich soll gegenüber der Paypal GmbH bitte-bitte machen, um von einem miefigen Schrott-Händler mein unberechtigt eingeheimstes Geld zurückerhalten? Das glaubt nur die Paypal GmbH, die sich offensichtlich als gottgleiche Herrscherin eines Paralleluniversums mit eigener Gerichtsbarkeit und ihre Kunden als gefügige Untertanen und Almosenempfänger betrachtet. Stattdessen bat ich am 21. Februar meine Sparkasse, die Abbuchung kurzerhand rückgängig zu machen. Am selben Tag war der Betrag wieder auf meinem Konto. Mit Email vom 24. Februar teilte ich der Paypal GmbH der guten Ordnung halber mit, dass und weshalb ich die Bestellungen fristgerecht widerrufen hatte. Am 10. März antwortete die Paypal GmbH mit zwei gleichlautenden Emails wie folgt:
Hallo Dietrich Klabunde!
Wir haben diese Transaktion überprüft und lehnen den Fall ab. Diese Entscheidung wurde getroffen, da Sie den Fall zurückgezogen haben.
Da Sie bereits eine Rückzahlung von Ihrer Bank erhalten haben, haben wir 17,54 EUR von Ihrem PayPal-Konto abgebucht.
Wir buchen außerdem die Bearbeitungsgebühr von 3,18 EUR ab, mit der PayPal von Ihrer Bank für die Rückbuchung belastet wurde.
Um Geld einzuzahlen, loggen Sie sich in Ihr PayPal-Konto ein und klicken Sie in der Kontoübersicht auf Geld einzahlen.
Wir bitten um Entschuldigung für eventuelle Unannehmlichkeiten.
Viele Grüße
PayPal
Verkäuferschutzschirm à la Paypal, aufgeblasenes Geschwafel ohne konkrete Aussage - vor allem ohne Aufforderung, bis zu einer bestimmten Frist einen bestimmten Betrag zu zahlen.
Am 11. März traute ich meinen Augen nicht: Im Briefkasten lag ein Umschlag ohne Absender, darin ein Netzteil (viereinhalb Wochen nach der Bestellung). Es fehlten Rechnung, Lieferschein und Retourenschein. Nichtsdestoweniger begab ich mich in die nächstgelegene Annahmestelle des Transportbetriebs, um das Netzteil ordnungsgemäß zurückzusenden, wozu man sich allerdings mangels Belegen nicht in der Lage sah. So packte ich das Ding in die unterste Schublade. Sie ahnen es schon: Am 23. März traf auch das zweite Netzteil ein (sechseinhalb Wochen nach der Bestellung). In der Zwischenzeit hatte ich natürlich selbst seriöse Händler ergoggelt, die mir blitzschnell die Netzteile geliefert hatten. Wenn Sie mal was brauchen: www.elcomlux.de, www.ipc-computer.de.
Weitere Emails von Paypal löschte ich ungelesen; einen Anruf nahm ich nicht an. Am 25. April versuchte auch die Inkasso-Klitsche mehrmals vergeblich, mich anzurufen. Auf ihr Schreiben vom 20. April reagiere ich selbstredend erst recht nicht.
Fortsetzung folgt.
1Mit dieser doppelten Abzocke ist bald Schluss. Welch amüsante Koinzidenz: Am 22. April hat die Bundesregierung den Entwurf eines „Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht“ beschlossen (www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Verbraucherschutz_Inkassorecht.html).
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23.3.2021
Chancengleichheit
13 Monate sind inzwischen vergangen, seit Paypal und Inkasso-Klitsche ihren Raubzug begannen, und was haben sie erreicht? Selbstverständlich nichts - sie haben gar draufgezahlt. So ist auch dieser Plünderungsversuch naturgemäß kläglich und läppisch im Sande versickert. Chronik der laufenden Ereignislosigkeit:
Weitere vergebliche Anrufe der Inkasso-Klitsche: 12-mal vom 27. April bis 27. Juni. Einmal wurde etwas auf den AB gesprochen: Eine säuselnde Ansage vom Band bat mich, die Inkasso-Klitsche wegen einer „rechtlichen Angelegenheit“ anzurufen. Darauf wartet sie noch heute.
Die Inkasso-Klitsche zog sämtliche Register und feuerte aus allen Rohren: Auch SMSe kramte sie aus ihrem Waffenarsenal und ließ mir vom 27. April bis 29. Juni 3 Exemplare zuteil werden. Variante 1: „Dietrich Klabunde, bitte melden Sie sich dringend in einer Rechtsangelegenheit. Keine Rueck-SMS. Infoscore Forderungsmanagement GmbH. Tel. 05246/9393174“. Variante 2: „Hallo Herr Klabunde, Ihre Zahlungfrist ist abgelaufen! Zahlen Sie am besten sofort. Hier ist Ihr Link zur Online-Zahlung: https://www.inkassoportal.de/de/selfservice/S.20.2225512.01.5/S -- infoscore Forderungsmanagement GmbH (no reply)“ - immerhin des Letzteren konnte die Inkasso-Klitsche sicher sein. Man stelle sich das bildlich vor: Da hockt so ein_*:e Inkasso-Fuzzi_*:in oder -Tussi_*:in und tippselt ganz eifrig diese SMS und erwartet allen Ernstes, ich würde mich daraufhin „dringend melden“. Ist das nicht rührend? Ach ja, die lieben Kleinen.
Weitere Emaillen der Inkasso-Klitsche: 13 Stück vom 27. April bis 9. August.
Email-Variante 1 schloss mit dem Hinweis: „Sollten Sie die Zahlung bereits veranlasst haben, betrachten Sie diese E-Mail bitte als gegenstandslos.“ Ich hatte zwar nicht bereits die Zahlung veranlasst, dennoch betrachtete ich die Email als gegenstandslos.
Email-Variante 2: Die Inkasso-Klitsche nahm „Bezug auf das Ihre E-Mail“. Zuvor hatte ich ihr und Paypal am 26. April ordnungsgemäß den ersten Teil dieses Textes übersandt. Ob diese Email vom 5. Mai nun eine Reaktion darauf war oder lediglich Routinegeschwurbel, erschließt sich nicht.
Email-Variante 3 enthielt den Hinweis: „Soziale Kontakte vermeiden - aber wir sind weiterhin für Sie erreichbar“. Ich nahm mir den wohlgemeinten Rat zu Herzen, asoziale Kontakte zu vermeiden, und sah davon ab, die Inkasso-Klitsche zu erreichen.
Email-Variante 4 und 5 erreichte mich vom 2. Juni bis 9. August gar 7-mal, und zwar immer abwechselnd. Das war wie wennße andauernd mal links mal rechts eins in die Fresse krichst, das zermürbt voll, hält keiner lange durch. Mir trieb es den kalten Schweiß auf die Stirn und machte meine Knie schlottern. Echt jetzt. Kernaussage: „Hallo Herr Klabunde, haben Sie die Gesamtforderung in Höhe von 123,61 EUR schon gezahlt? Heute ist Ihre letzte Chance für eine fristgerechte Zahlung.“ Das kumpelhafte „Hallo“ sollte wohl ausdrücken, dass die Inkasso-Klitsche meine besten Buddys sind. Die Frage, ob ich schon gezahlt hätte, war allerdings nur neckisches Gefasel, womit die Inkasso-Klitsche ihre Hilflosigkeit und die Schwäche ihrer Position übertünchen wollte. Im Übrigen musste sie als Erste wissen, ob ich gezahlt hatte. Ich hätte mal antworten sollen: „Ja!“, dann wäre die Sache vielleicht ein für allemal erledigt gewesen.
Immer wieder „heute“ sei die „letzte Chance“ für eine fristgerechte Zahlung gewesen. War ich vom Glück gesegnet? Diese unendliche Folge letzter Chancen erinnert an das Märchen von der Fee, die einem 3 Wünsche erfüllt - und ich hatte gar derer 7. Anscheinend inszenierte die Inkasso-Klitsche eines dieser Videospiele, deren Figuren mehrere Leben haben, sodass sie den vielfachen Heldentod sterben und dennoch weiter rumhampeln können. Der Level, auf dem die Inkasso-Klitsche sich abzappelte, blieb jedoch immer gleich: ≤ 0. Oder handelte es sich um einen labbrigen Aufguss von „Und täglich grüßt das Murmeltier“? War die Inkasso-Klitsche in eine endlose Zeitschleife geraten? Abschließend verhieß sie mir die Erlösung von allen Qualen: „Sobald Sie die Forderung vollständig gezahlt haben, stellen wir das Inkassoverfahren gegen Sie ein.“ Welches Inkassoverfahren?
Eigenartig, im Schreiben vom 20. April hatte es noch geheißen, Zahlungsfrist sei der 26. April. Weshalb nun diese fortwährenden Fristverlängerungen - weil ich so ein netter Mensch bin? Oder aus Mitleid? Letztere Vermutung beruht darauf, dass der „Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen“ am - wie der Zufall so spielt - 20. April verkündet hatte, während der Coronakrise solle nachsichtig mit den Zechprellern umgegangen werden - denn der Leitspruch dieses verkappten Wohlfahrtsvereins lautet: „Inkasso heißt Verantwortung“. Glauben Sie nicht? Gucksdu: www.inkasso.de/presse/blog/verantwortungsvolles-inkasso-während-der-covid-19-krise. Der Inkasso-Klitschen-Verein hält sich offensichtlich für everybody's Darling und strotzt vor Selbstbewusstsein: Auf seiner Webseite verlautbart er, „respektiert von Politik und Öffentlichkeit“2; zu sein - Ersteres wäre überaus bedenklich, Letzteres ist realitätsentrückte Träumerei -, und die Branche sei „angesehen“3 - vielleicht bei Paypal und Konsorten. Auch die „Ombudsfrau der Inkassowirtschaft“ ist voll des Lobes4 für ihre Auftraggeber, die ihr segensreiches Wirken offenkundig der Philanthropie geweiht haben. Da fragt man sich allerdings, weshalb dieses Gewerbe durch das vom Bundesjustizministerium entworfene „Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht“ an die Kandare genommen werden muss. Ach, beinahe hätte ich es vergessen: Ombudsfrau ist Brigitte Zypries - Bundesjustizministerin a. D.
Tatsächlich bewies die Inkasso-Klitsche mit ihrem wabbeligen Gefasel lediglich, dass ihre Forderung ungerechtfertigt war und sie keinerlei Handhabe hatte. Seit der ursprünglichen Zahlungsfrist 26. April waren inzwischen mehrere Wochen vergangen. Währenddessen hätte sie mich schon längst verklagen können. Stattdessen verplemperte sie kostbare Zeit, die bekanntlich Geld ist, mit armseligen Versuchen, mich telefonisch, per Email und durch SMS unter Druck zu setzen. Diesen eigentlich völlig unwirtschaftlichen Personalaufwand betreibt die Inkasso-Klitsche allein deshalb, weil sie von vornherein weiß, dass sie ihre Forderungen auf regulärem Weg niemals durchsetzen könnte - nicht mir gegenüber und nicht gegenüber zahllosen anderen Opfern. So trifft auf die Inkasso-Klitsche voll und ganz der alte Juristenwitz zu: „Wie geht 's?“ „Danke, wir können nicht klagen.“
Email-Variante 6 war Ausdruck vorbildlicher Kundenorientierung: „Fehlen Ihnen Informationen zu den verschiedenen Zahlungsmöglichkeiten? Per SEPA-Lastschrifteinzug - hierzu schicken Sie uns das beigefügte Formular ausgefüllt und unterschrieben zurück.“ - es war kein Formular beigefügt. „Wählen Sie sich mit obigem QR-Code direkt in unser Online-Portal ein.“ - es war kein QR-Code vorhanden, weder obig noch untig noch sonst wo. Wissen Paypal und Konsorten eigentlich, welche Stümper für sie tätig sind? Die sollten sich mal bei der Ombudsfrau beschweren.
Email-Variante 7 enthielt nun endlich eine „Titulierungsankündigung“, quasi der erste Kreis der Hölle, in die mich die Inkasso-Klitsche hinabstoßen würde: „Sehr geehrter [tja, das freundschaftliche „Hallo“ hatte ich mir ein für allemal verscherzt - selbst dran schuld] Herr Klabunde, Sie haben die obige Forderung immer noch nicht gezahlt. Deshalb haben wir heute von unserer Auftraggeberin den Auftrag erhalten, spätestens am 25.06.2020 einen gerichtlichen Mahnbescheid gegen Sie zu beantragen.“ Na, das hatte ja was gedauert: Immerhin waren seit der ersten Zahlungsfrist 26. April annähernd 8 Wochen nutzlos verstrichen.
Am 3. Juli (ich hatte schon fast jegliche Hoffnung aufgegeben) war er dann endlich da: ein Mahnbescheid! Vom Amtsgericht Berlin-Wedding. Warum Berlin? Weil Paypal sein Führerhauptquartier in Singapur hat und das Amtsgericht Wedding zentral für ausländische Plünderer-Klitschen zuständig ist. Am 15. Juli erhob ich per Fax Widerspruch, und Schwamm drüber.
Es ist ein leider weit verbreiteter, fundamentaler Irrtum, den die Inkasso-Klitschen weidlich ausnutzen, dass ein „gerichtlicher Mahnbescheid“ eine Entscheidung, eine Anordnung eines Gerichts sei, dem eine sorgfältige sachliche und rechtliche Prüfung und Bewertung der Angelegenheit zugrunde liege. Stattdessen ist ein Mahnbescheid ein Nullum, ein Pups im Wind, das Papier nicht wert, worauf er gedruckt ist. Tatsächlich fungiert das Gericht als kaum mehr denn als Postweiterleitungsstelle. Umgekehrt genauso: Das Gericht prüft und entscheidet nicht, ob der Widerspruch berechtigt ist, sondern leitet ihn einfach an den Antragsteller (Paypal/Inkasso-Klitsche) weiter. Diese hätten mich daraufhin endlich mal verklagen können (nicht in Berlin, sondern beim Amtsgericht Göttingen, was aus Singapurer Sicht sicherlich total uncool wäre). Hiervon sahen sie jedoch wohlweislich ab, weil die gerichtliche Durchsetzung ihrer unberechtigten, rechtswidrigen Forderung von vornherein erfolglos gewesen wäre und sie daher nicht noch mehr Geld verpulvern wollten: Es reichte, dass sie auf den Kosten für den Mahnbescheid sitzen blieben. Geregelt ist dies in §§ 688 bis 697 Zivilprozessordnung, insbesondere §§ 692, 694, 696, 697.
Email-Variante 8 war wortreich und rührend dümmlich zugleich: „Wir bitten Sie, uns bis spätestens 25.08.2020 die Gründe mitzuteilen, die Sie zu Ihrem Widerspruch veranlasst haben.“ Es bedarf sicherlich nicht der Erwähnung, dass man nicht verpflichtet ist, den Widerspruch gegen einen Mahnbescheid zu begründen. Wäre dies so, gäbe es dafür eine Rubrik in dem Formular. Sollte mir suggeriert werden, ohne Begründung sei mein Widerspruch wirkungslos? Oder wollte die Inkasso-Klitsche mich aus der Reserve locken, um meine Strategie zu erfahren, sodass sie die Chancen einer Klage hätte einschätzen können? Oder war es nur wie üblich routinemäßig abgespultes Geplappere ohne Sinn und Verstand? Wahrscheinlich Letzteres. Auf jeden Fall war diese Bitte insofern völliger Blödsinn, als ich mit Emails vom 24. Februar Paypal bereits mitgeteilt hatte, dass und weshalb ich die Bestellungen fristgerecht widerrufen hatte. Abschließend stellte die Inkasso-Klitsche mir anheim, den Widerspruch zurückzunehmen, widrigenfalls: „Sollte die Frist ungenutzt verstreichen, werden wir die Angelegenheit zur Durchführung des Klageverfahrens an Rechtsanwälte abgeben.“ Mir stockte der Atem, das Blut gefror in meinen Adern: Gnade, Erbarmen, habt Mitleid - alles, aber bitte keine Rechtsanwälte!
Am 5. September erhielt ich nach alter Väter Sitte Art per Briefpost ein papiernes Schreiben vom 3. September: Nun kündigte die Inkasso-Klitsche mir definitiv an, mich zu verklagen. Und gleichzeitig unterbreitete sie mir plötzlich das Angebot, statt 182,56 € nur noch 136,92 € zu zahlen = 75 %. Dies hieß im Klartext: „Herr Klabunde, wir kapitulieren. Wir erkennen an, dass wir Sie nicht für dumm verkaufen und über den Tisch ziehen können. Aber genau das ist doch unser einziger Betriebzweck. Deshalb bitten wir Sie inständig, sich zumindest zu 75 % von uns für dumm verkaufen und über den Tisch ziehen zu lassen. Das dürfen Sie uns nicht abschlagen - och Menno!“ Solch ein abgrundtief peinliches Gebaren verursacht nur noch Fremdschämen. Es ist erstaunlich, wie wenig Hemmungen viele Menschen haben, sich öffentlich der Lächerlichkeit preiszugeben. Auch die Inkasso-Klitsche ist offenbar vom zeitgemäßen Schwiegerbauer-gesucht-Syndrom befallen. Wenn in allen Branchen nur solche Luschen tätig wären, die lediglich dumm rumreden, statt Umsatz zu machen, dann wäre die Wirtschaft schon längst ruiniert - auch ohne Corona. In ihrem ersten Jahresbericht behauptete die Ombudsfrau, die Inkassobetriebe würden „sehr gut arbeiten“. Hallo, Frau Zypries, dieses monatelange, kostenintensive, nutzlose Gefasel ohne was dahinter, obendrein Verzicht auf 25 % nennen Sie „sehr gut“? Das soll deutsche Wertarbeit und Zuverlässigkeit sein? Da können die Singapurer doch nur milde lächeln. Wenn unsereins so arbeiten würde, hätte man schon längst eine Abmahnung in der Personalakte.
Am Rande: Das Schreiben vom 3. September ist doch irgendwie eigenartig, nicht wahr? (Ich meine, abgesehen vom hanebüchenen Inhalt). Genau: Die Inkasso-Klitsche „infoscore Forderungsmanagement GmbH“, die bei unserem ersten Zusammenprall 2010 „BFS risk & collection GmbH“ hieß, hat sich (wahrscheinlich nach dem Vorbild der multipel umbenannten SED) mal wieder einen neuen Tarnnamen gegeben und firmiert nun als „Paigo GmbH“.
Am 8. September kam das letzte Exemplar von Email-Variante 4/5 und das letzte Lebenszeichen überhaupt, mit der fürsorglichen Aufforderung: „Einfach mal reinschauen, informieren und Lösung finden! Je schneller Sie reagieren - umso eher können wir das Inkassoverfahren gegen Sie einstellen.“ Ich schaute einfach mal nicht rein, denn die Lösung lag bereits auf der Hand: Ich reagierte weder schnell noch langsam, sondern überhaupt nicht - und dennoch stellte die Inkasso-Klitsche das „Inkassoverfahren gegen mich“ sang- und klanglos ein. Nie wieder habe ich seitdem von ihr gehört. Irgendwie schade. Es gibt so wenig zu lachen heutzutage.
Fazit: Mit Inkasso-Klitschen fertig zu werden ist eigentlich nicht aufwändiger, als den Dreck unter den Zehennägeln wegzukratzen - einfach gegen die Wand klatschen lassen. Was aber wird aus all den Menschen, die sich nicht wehren können und diesem anrüchigen Schmuddelgewerbe hilflos ausgeliefert sind?
Ich muss allerdings gestehen: Trotz allen Amüsements schaffte die Inkasso-Klitsche es doch noch, dass ich richtig stinksauer war. Und das kam so: Am 26. April übersandte ich ihr den ersten Teil dieses Textes per Email, die jedoch vom dortigen Server zurückgewiesen wurde. bertelsmann.onmicrosoft.com teilte mir mit: „Your message wasn't delivered because the recipient's email provider rejected it. Spam detected.“ (Jetzt fragen Sie vielleicht, ob ich mich in der Adresse geirrt habe. Keineswegs: Die Inkasso-Klitsche in der Gütersloher Straße in Verl (Landkreis Gütersloh) gehört zum Bertelsmann-Konzern in Gütersloh.) Also sandte ich den Text notgedrungen per Briefpost an die Inkasso-Klitsche. Das kostete 1,55 € Porto, Druckerfarbe und -verschleiß, Papier, Umschlag, Strom - alles andere als gretakonform. So viel zum Thema Digitalisierung. Ich ziehe in Erwägung, von der Inkasso-Klitsche diese Kosten als Schadensersatz zu verlangen. Sollte sie nicht unverzüglich zahlen, werde ich den Fall zur weiteren Beitreibung abgeben.
An eine Inkasso-Klitsche.
2www.inkasso.de/verband/präsidium
3www.inkasso.de/verband/unsere-kernaufgaben
4www.inkasso.de/verband/bericht-der-ombudsfrau
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(23.3.2021)
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