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19.8.2019

Scham, los!

Un-Verschämtheit! Thomas Bareiß, Beauftragter der Bundesregierung für Tourismus, verteidigt das Reisen als „tolle Errungenschaft“, weil Ausdruck von Freiheit. Raoul Hille, Leiter des Flughafens Hannover, bläst in das gleiche Horn: Wenn er das F-Wort höre, bekomme er Blutdruck. Was meint er? Flugscham. Lippenbekenntnisse nützen aber nichts. Diese durchsichtigen Verharmlosungsversuche sind ein dickes Ding (genau genommen zwei), wovon wir uns nicht rumkriegen lassen sollten. Wollen wir denn, dass für immer weitere Start- und Landebahnen noch mehr Bäume und sonstige üppige Gewächse flachgelegt werden? Immerhin leckt Hille nicht nur seine psychosomatischen Wunden, sondern macht auch Lösungsvorschläge: Aus CO2 und Wasser könne mittels regenerativer Energie synthetisches Kerosin hergestellt werden. Erinnert an ein anderes, schon länger zurückliegendes Wunder (irgendwie mit Wasser und Wein), dessen Urheber mir gerade entfallen ist. Klingt zwar auf den ersten Blick hinterfotzig und sehr fiktiv, aber dieser Einfall steht Hille gut an. Solch spritzige Ideen brauchen wir, denn wenn wir klimatechnisch so weitermachen, statt die Kurven zu kriegen, bumst es bald ganz gewaltig, und unsere Zukunft ist versaut. Das würden wir hautnah und tief drinnen am eigenen Körper verspüren. So sind nun mal die splitterfasernackten Tatsachen. Hoffentlich kommen massenhaft Menschen zu dieser Erkenntnis und stoßen freudig erregt hinzu. Dieser Ruf wird nicht nur in Deutschland laut, sondern auch auf griechisch, spanisch, französisch usw. Vielen ist das aber noch zu hoch, kriegen wir das trotzdem hin? Wir sollten uns jedoch nicht von Ängsten übermannen lassen, sondern uns dem Vertrauen auf bessere Zeiten hingeben. Sich jedoch ausschließlich auf Flugbewegungen zu versteifen, hieße, die Stute von hinten aufzuzäumen. Schließlich wedelt der Schwanz nicht mit dem Rüden. Wirtschaft, Politik und Behörden müssen dieses Thema endlich so richtig rannehmen. Wir alle müssen bereit sein, überkommene Positionen aufzugeben und die Stellung zu wechseln, und dieses Thema an uns ranlassen. Wenn manchen Menschen hierfür das Verständnis fehlt, muss es ihnen eben besorgt werden. Da sind die Klima-Aktionisten gefordert, Aufklärung zu betreiben. Klima ist doch eine total heiße Sache, das höchste der Gefühle. Mal das Auto stehen lassen und das Fahrrad vom Ständer nehmen. Gutes Klima ist überaus begehrenswert, unser aller fesselndes Thema Nr. 1. Dafür sollten wir aufnahmebereit sein, nach Lust und Laune und unersättlich. Wir müssen immer nur das Eine wollen: Klimaschutz. Natürlich ist das kein Quicky, das geht nicht von heute auf morgen, aber auch kraftvolle Rückschläge können ein Gewinn sein und erzieherische Wirkung haben, die knackig zu analysieren ist. Wenn es ganz hart kommt, müssen wir auch das tapfer runterschlucken. Letztlich sind das aber nur Peenuts.

Natürlich darf dieses unaufhörliche Rein-raus, Rauf-runter in den Flughäfen nicht mehr so weitergehen. Ohne Flugzeuge würde auch weniger Getier zu Schaden kommen: Mit Vögeln ist die Welt viel schöner. Andererseits führt es zu nichts, wahllos Löcher zu stopfen, indem wir uns darauf fixieren, lediglich das Fliegen zu verbieten. Denn nur 20 % der Weltbevölkerung sind überhaupt schon geflogen, vielleicht nur ein einziges Mal. Aber was treiben fast 100 % der Ausgewachsenen, und zwar andauernd? Deshalb muss es auch und vor allem Fickscham geben. Greta Thunberg hat mithilfe ihres - ansonsten kaum benutzten - Mathe-Taschenrechners herausgefunden, dass der CO2-Fußabdruck geschlechtlicher Handlungen um das Sexfache höher ist als durch den Verkehr in der Luft: Keuchende Ausdünstungen gewissen- und hemmungsloser Triebtäter*innen wie Sie, schon vor 30 Jahren besungen von Tina Thunberg ... pardon, Turner: „Steamy windows coming from the body heat“. Hinzu kommt der Flüssigkeitsverlust durch Schweiß, Speichel, Sperma und Vaginalsekret, der durch entsprechend erhöhte Flüssigkeitsaufnahme wettgemacht werden muss - doch Wasser ist rar und ein kostbares Gut. Und danach: Natürlich ausgiebig duschen, möglichst mit warmem Wasser, um Energie zu verschwenden, und mit viel Seife, um das Grundwasser zu belasten. Obendrein sind da noch der Stromverbrauch durch Kontaktportale, Sexting, Anfertigung und Veröffentlichung privater Pornobilder und -filme, Benzinverbrauch durch Treffen mit anderen Paaren und Besuche von Swingerclubs und die Vergeudung von Ressourcen durch Produktion und Vertrieb von Antibaby-Pillen, Viagra, Kondomen, Sex-Wäsche und -Spielzeug, Gleitgel, Handschellen, Peitschen u. v. a. m.

Fazit: Klimakatastrophentechnisch ist Sex der Höhepunkt. Das wusste bereits Woody Allen 1972 in „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten“: „Ist Sex schmutzig? Nur wenn man es richtig treibt.“ - wovon bei Ihnen naturgemäß auszugehen ist. Es geht aber auch ohne Sex, wie Greta aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Im Leben zwier (in vitro), um die obligaten beiden Nachkommen zu zeugen, muss reichen. Dann gelangen unser aller Anstrengungen endlich zu einem befriedigenden Abschluss: Klimaschutz in höchster Potenz!

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(19.8.2019)

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